Gerlinde Mock
Fotos © Verena Hinteregger, Max Manavi-Huber

Gerlinde Mock, Wasser-Sommelière im #jungbleiben Portrait

Zur Person: Gerlinde Mock, BEd MA

Ernährungs- & Gesundheitspädagogin, Weinakademikerin, Wassersommelière, Fruchtsaftsommelière, Milchsommelière, Dipl. Käsesommelière, Dipl. Biersommelière

Dipl. Teesommelière/IHK, Chef-Diplom Kaffeesommelière & Barista SCAE, Dipl. American Bartender & Fachfrau für Zigarren

Wasser-Sommeliers sind Fachleute, die sich auf die Beurteilung von Wasserqualität, Geschmack und Herkunft konzentrieren. Dieses Fachgebiet, das Parallelen zum Weinsektor aufweist, hat in den letzten Jahren, besonders in der gehobenen Gastronomie und spezialisierten Betrieben, an Bedeutung gewonnen. Sie analysieren Wasser von der Quelle bis zum Endprodukt, erforschen dessen Aromaprofil – von salzig bis süß – und nutzen Geruchs- und Geschmackssinn, um auf Herkunft und Mineralgehalt zu schließen.

In ihrer Funktion testen Wasser-Sommeliers verschiedene Wassersorten, basierend auf Faktoren wie Mineralgehalt und pH-Wert, und bieten Beratungen an, um das kulinarische Erlebnis durch passende Wasser-Speisen-Kombinationen zu verbessern. Sie leisten darüber hinaus auch einen Beitrag zur Bildung und Sensibilisierung über die Bedeutung von Wasser, leiten Verkostungen und Seminare und sind verantwortlich für die Qualitätskontrolle und Auswahl hochwertiger Wasserprodukte.

Die Ausbildung zum Wasser-Sommelier umfasst ein intensives Studium verschiedener Wasserquellen, Verarbeitungsmethoden und Wassersensorik. Der Lehrplan beinhaltet Themen wie Wasservielfalt, gesetzliche Rahmenbedingungen und die ernährungsphysiologische Rolle von Mineralstoffen, mit einem besonderen Augenmerk auf die Verbindung zwischen Wasser und Wein.

Obwohl es Skepsis gegenüber der Feinheit der Wasserbeurteilung gibt, erweitert dieser Beruf das Verständnis für Wasser als wesentliches Element der Gastronomie. Wasser-Sommeliers laden dazu ein, Wasser über den gewöhnlichen Gebrauch hinaus zu erkunden und zu schätzen und betonen dessen Rolle in der kulinarischen Welt.

Wir haben für #jungbleiben mit Gerlinde Mock über ihren Beruf und Wasser gesprochen.

Gerlinde Mock

 

Können Sie uns etwas über Ihren Weg zur Wassersommelière erzählen? Was raten Sie interessierten Menschen, die sich ebenfalls ausbilden lassen wollen?

Ich persönlich sehe Wasser als wichtigen Part der körperlichen, geistigen und sozialen Gesundheit, weil es uns fit und gesund hält, Konzentration, Denkvorgänge, Stimmung und Stoffwechsel positiv beeinflusst – begleitendes Gesundheitsmanagement, Tag für Tag und für uns alle! Wässer schaffen den Spagat zwischen Lebensnotwendigkeit, essenziellem Produktionsmittel bzw. virtuellem Wasser und Genuss. (Virtuelles Wasser ist Wasser, das zur Herstellung von Lebensmitteln und Gegenständen gebraucht wird.)

Als Weinakademikerin, Diplom Sommelière für Bier, Kaffee und Tee, wie auch dank meiner Arbeit mit Edelbränden, Milch und Fruchtsäften weiß ich, wie wichtig Wasser als Produktionsmittel, Inhaltsstoff oder als Begleitgetränk ist. Viele dieser Getränke haben einen Wasser-Anteil von bis zu oder über 90%. Wassertastings, Wasserworkshops oder die Ausbildung zur/zum Wassersommelièr/e machen Spaß und bringen neue Genussdimensionen. Denn Wasser ist nicht gleich Wasser! Und die Wassersommelierausbildung wird inzwischen weltweit auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Mandarin angeboten.

Wie unterscheiden sich die Geschmacksprofile verschiedener Wasserarten und worauf achten Sie persönlich am meisten beim Verkosten von Wasser?

Wässer erzählen von Terroir und spiegeln die Hydrogeologie der jeweiligen Region wider, die durch die Entstehungsgeschichte und Bodenbeschaffenheit einzigartig in Geruch, Geschmack und Wirkung bzw. Einsatzmöglichkeit sind. Wässer bewerte ich nach Optik, Geruch, Geschmack/Haptik bzw. Abgang mit eigener Terminologie, ähnlich wie bei Wein oder Bier. Optisch präsentieren sich besonders Mineral- und Heilwässer klar, mit Farbschattierungen von hellgrau, steingrau bis zu silbernen Reflexen, mit unterschiedlicher Viskosität bzw. Perlage. Manche Mineral- und Heilwässer verfügen über einen sehr dezenten Geruch, andere erinnern im Duft an einen Hauch von Schwefel und Salzwasser oder einer Spur Tinte (Eisengehalt). Und es gibt vor allem Heilwässer, die mit Jod, Zitronenzeste, salziger Gischt und grasigen Noten überraschen.

Geschmack und Haptik spielen sensorisch die Hauptrolle.

Mineral- und Heilwässer offenbaren Mineralstoffe wie zum Beispiel Natrium durch eine leicht bittere bis deutliche Salzigkeit. Calcium bewirkt ein leicht austrocknendes Mundgefühl, belegt den Gaumen und wirkt gipsig bis kreidig. Magnesium erscheint von leicht bitter, süß bis bittersüß. Hydrogencarbonat präsentiert sich belegend, auskleidend mit einem leicht cremigen Mundgefühl. Niedrig mineralisierte Wässer sind an einer leichten Bitterkeit im Abgang erkennbar, mittel mineralisierte Wässer mit zwischen 500 und 1500 mg/l gelösten Mineralstoffen wirken harmonisch und ausgewogen und hoch mineralisierte Wässer können aufgrund eines oder mehrerer dominanter Mineralstoffe sehr intensiv wahrgenommen werden. Somit wäre auch der Körper eines Mineral- und Heilwassers von schlank bis kräftig definierbar. Spritzigkeit bzw. der CO2-Gehalt kann von still, mittel bis prickelnd wahrgenommen werden und stellt sich von stahlig, pitzelnd bis zur einer ausgewogenen Perlage von fein bis großperlig dar.

 

Gerlinde Mock

 

Wie gehen Sie vor, um das perfekte Wasser zu einer bestimmten Speise oder einem Cocktail zu finden? Gibt es allgemeine Richtlinien, wie man Wasser mit verschiedenen Geschmacksrichtungen kombiniert?

Dazu gibt es wie bei Wein oder Bier entweder die Harmonie- oder Kickvariante. Wässer mit ausgewogener Mineralisierung zwischen 500 und 1500 mg/l sind meist sehr angenehme und vielseitige Begleiter. Für überraschende Genussmomente muss ich die Wirkung der Inhaltsstoffe kennen, um von Aperitif bis Digestif, zum Mischen, für Tee-Infusionen, zu Kaffeegetränken oder Edelbränden, die richtige Wahl zu treffen.

Was bewirkt Hydrogencarbonat, CO2 oder eine hohe Mineralisierung speziell in Kombination mit Säuren oder Röstprodukten?

Als Aperitif eignet sich beispielsweise stark kohlensäurehaltiges Mineralwasser, gut gekühlt im Sektglas serviert. Mit entsprechend hoher Mineralisierung (vor allem Sulfat) wird Wasser zum alkoholfreien Digestif, beides gern mit Kräutern oder Gewürzen verfeinert. Bei Weinen kommt es auf den Ausbau an – im Stahltank ausgebaute Weine vertragen ein feinperliges Mousseaux, Barriqueausbau bzw. Edelbrände harmonieren mit stillen, ausgewogen mineralisierten Wässern besser. Und der Filler in Fizzes oder Collinses sollte gut gekühlt, CO2 haltig und nicht zu stark mineralisiert sein. Gekühlte, leicht bis mittel mineralisierte Mineralwässer begleiten leichte kalte und warme Vorspeisen, eine hohe Mineralisierung mit über 1500 mg/l korrespondiert mit kräftigen Gerichten, Süßspeisen bzw. Weinen mit Restzuckergehalt.

 

Welche aktuellen Trends oder Innovationen in der Wasserindustrie finden Sie besonders spannend? Wie wird sich das Thema Wasser in der Gastronomie entwickeln? Bekommt es eine steigende Bedeutung?

Ich sehe Tradition versus Convenience. Einerseits werden Qualität, Natürlichkeit, ursprüngliche Reinheit und ernährungsphysiologischer Wert sowie Vielfalt geschätzt, andererseits gibt es den Convenience-Gedanken mit dem Wunsch eines maßgeschneiderten und personalisierten Produkts mit speziellem Mineralstoffzusatz bzw. individueller Kohlensäuresättigung je nach Lebenssituation.

Spannend ist der Einsatz von Mineral- und Heilwässern als alkoholfreie Getränkebegleitung und auf Augenhöhe zu Premium-Weinen so wie Spirituosen, zu Lagenkaffees, zu hochwertigen Fruchtsäften oder als Hauptkomponente für den Aufguss von Kaffee oder die Infusion für Tee. „Kochen mit Wasser“ in Form von water-aged-beef, Forelle Blau in Mineral- oder Heilwasser pochiert oder Magnesiumkuchen mit magnesiumreichem Wasser zubereitet, sind nur einige Anregungen, die leicht umzusetzen sind.

Gerlinde Mock

 

Fotos: © Verena Hinteregger, Max Manavi-Huber

11. März 2024
Javier Mancilla und Xaver Kissinger // Cafe Florida im #jungbleiben Portrait 
28. März 2024
5 einfache Oster-DIYs für die ganze Familie

Kommentieren

Die E-Mail Adresse wird auf der Website nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet und müssen ausgefüllt werden.