mark baigent bali
Fotos © Rizal Syaiful, Tash Serena Meltsner

Kosmopolit und Designer Mark Baigent über Mode, Bali und Nachhaltigkeit

Er lebt dort wo andere Urlaub machen. In Bali hat sich Mark Baigent vor Jahren ein Zuhause geschaffen. Für seine Kollektionen lässt sich der Designer von der Insel und seinen vielen Reisen rund um den Globus inspirieren. Für sein Label hat er vom herkömmlichen Kollektionsrhythmus der Modeindustrie längst Abstand genommen, produziert Mark Baigent doch nur, wenn er etwas zu sagen hat. Darüber hinaus sind seine Stücke für jeden tragbar und folgen seiner “non-binary”-Philosophie. Das #jungbleiben Magazin hat sich mit ihm nicht nur darüber unterhalten, sondern auch erfahren, wo er neben seinem hektischen Alltag Kraft schöpft.

 

Deine Manufaktur und Label MARK BAIGENT sind in Bali und du kreierst auch deine Kollektionen dort. Wie sehr beeinflussen dich lokale Traditionen und Kultur bei deinem Schaffen? 

Meine Fabrik ist in Bali aber ich bin seit letztem Jahr sehr viel unterwegs, weil ich nebenher noch ein Studium absolviere. Meine Kollektionen entwerfe ich wo auch immer ich gerade bin. Sei es in Neuseeland – wo ich studiere, in Wien – wo ich mich zuhause fühle, in Bali – wo ich mich regeneriere, oder in Berlin – wo ich tanze. All diese Orte haben Einfluss auf meinen Designprozess und sind unverzichtbar für den Look meiner Kollektionen.
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Mark Baigent mit seinen Mitarbeitern. Der Designer schaffte mit seiner Fairtrade-Fabrik in Bali eine Seltenheit. Fotos © Rizal Syaiful, Tash Serena Meltsner

Beschreibe uns bitte die Inspiration(en) für deine aktuelle Kollektion ANNEX

ANNEX ist ein Vorstoß in neue Gebiete, der sich mit den Kernwerten und Herausforderungen des Lebens auseinandersetzt, indem sie diese in der Form der Mode neu interpretiert. Zum Beispiel finden sich hier Ideen des Konservatismus, die Unterscheidung zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit sowie Klassismus, die redefiniert werden. Artikuliert wird dies durch die Integration handwerklicher Schneiderkunst, fragmentierter Designs und einer harmonischen Mischung aus opulenten ‘Luxus’-Stoffen und Textilien, die man nicht mit einer ‘Arbeiterschicht’ assoziiert. Beispielsweise werden Abendkleider und Arbeitsbekleidung mit luxuriösen Materialien vermischt sowie die Anwendung von Batik durch moderner Interpretation. Hergestellt in unserer fair-trade-zertifizierten Fabrik auf Bali und akkreditiert von der WFTO, verkörpert jedes Stück ethische Mode. Der nicht-saisonale Fokus bleibt bestehen und umfasst Frühjahrs/Sommer-Stücke, die nahtlos in der kühleren Jahreszeit auch getragen werden können. Jede meiner Kollektionen enthüllt damit eine einzigartige Interpretation avantgardistischer Mode und versucht binäre Traditionen herauszufordern, während sie genderneutrale Authentizität bewahrt.

“Wir brauchen eigentlich alle keine (neue) Kleidung mehr.”

Du hast eine Fairtrade zertifizierte Manufaktur und arbeitest nachhaltig. Nach welchen Kriterien wählst du  deine Materialien aus? 

Nachhaltigkeit ist mittlerweile ein oft verwendeter Begriff geworden, dem man mit Vorsicht begegnen sollte. Was man machen kann, ist sein bestes zu tun, um die Produktion von Mode zu verbessern. Ich versuche wo es geht Stoffe zu verwenden, die GOTS zertifiziert oder recycled sind, jedoch ist es schwer solche Stoffe in Bali zu bekommen. Wir importieren nur sehr wenig (weniger als 5% unserer Stoffe) weil wir so gut es geht lokal kaufen wollen. Jedoch ist das ein Hindernis, denn in Indonesien gibt es nur bestimmte Stoffe und viele andere nicht. Zum Beispiel wird man aus diesem Grund keinen Woll-Wintermantel in meinen Kollektionen finden.
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In der neuen Kollektion ANNEX bricht Mark Baigent die Grenzen zwischen Identitäten sowie Avantgarde vs. Konservativismus. Fotos © Rizal Syaiful

Deine Brand hat eine “no gender” Ausrichtung bzw. ist Unisex. Wie bist du zu diesem Schluss gekommen? 

Unser ‘Slogan’, wenn man so will, ist “Gender Is A Lie”. Diesen Leitsatz hat es bereits zu Anfangszeiten von meinem ersten Label Mark & Julia gegeben. Wir fanden es schon 2011 – lange vor dem “Trend” von Unisex –  einfach absurd, dass Kleidung in ein binären System eingeteilt wird. Als ich Ende 2014 das Label umbenannt habe, weil Julia beschlossen hat die Modewelt zu verlassen, habe ich dieses Konzept erweitert und mich alleine darauf fokussiert. Meine Kollektion NUMB ANATOMY legte da auch den Grundstein, um meinen Designs die Anatomie eines ungeschlechtlichen Körpers zu geben. An diesem Konzept halte ich nun, 10 Jahre später, immer noch fest.

“Ich will nicht wirklich viel Kleidung besitzen, aber irgendwie findet sie mich immer.”

Welche Tipps hast du, um nachhaltige Mode einzukaufen? 

Ich würde raten es so zu machen wie Vivienne Westwood gesagt hat: Kaufe wenig, kaufe gezielt, kaufe Secondhand. Wir brauchen eigentlich alle keine (neue) Kleidung mehr.

Du bist jeden Tag mit Mode umgeben – was war das letzte Teil, das du dir zugelegt hast? 

Mit jeder Kollektion lege ich mir ein paar Teile zu, die ich am liebsten mag, aber damit werde ich auch jedes Mal Teile los. Diese spende oder verkaufe ich bei Secondhand-Märkten off- oder online. Ich will nicht wirklich viel Kleidung besitzen, aber irgendwie findet sie mich immer. Ein Beispiel wäre mein letzter Besuch in Auckland: Ich war im sogenannten “Kimono Emporium”, welcher seine Türen nach über 20 Jahren schließen musste. Deswegen haben sie Seidenkimonos aus Japan sehr günstig verkauft. Für mich sind Kimonos die perfekten Kleidungsstücke und ich sammle auch antike Teile. Also haben ich ganze 8 Stück gekauft, welche ich trage, für meine Sammlung erworben habe und auch weiterverkaufen werde. Ich wollte eigentlich nur einen kaufen, aber die Preise und die Schönheit der Teile waren einfach unschlagbar.
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Auf Bali hat sich Designer Mark Baigent sein Zuhause geschaffen. Fotos © Unsplash / Alexa West, Kenny Febrian

Welche Orte und Restaurants besuchst du in Bali, um wieder Energie nach einem stressigen Tag zu schöpfen?

Mein Ruhepol in Bali ist Amed, Sidemen und das BALILA BEACH RESORT, welches meiner guten Freundin Birgit gehört, die es seit über 20 Jahren betreibt. Sie ist Architektin und war einer der ersten Menschen in Bali, die einen Weg gefunden hat, wirklich nachhaltig zu bauen. Sonntags verschwinde ich ins PEPPERS in Seminyak, dort lese ich mein Buch, liege am Pool und sammle kraft für die nächste Woche. Wenn ich gut essen möchte, gehe ich ins RED GUNPOWDER, welches das beste indische Essen hat, das ich jemals gegessen habe – und ich war oft in Indien! Da es in Bali mittlerweile unzählige Beach Clubs gibt, sollte man sich jene aussuchen, die weniger negativen Impact auf die Insel haben und auf local awareness setzen. Da gehe ich am liebsten ins POTATO HEAD oder LA BRISA.
Titelfotos © Rizal Syaiful, Mark Baigent
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