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Für eine mehrsprachige Kindheit: Miniglotte hilft

Afi Huguette Kreyling wuchs mit einer Sprachenvielfalt auf, die sie heute an ihre Tochter weitergeben möchte. Doch mit diesem Ziel ist sie nicht alleine. Viele Eltern stellen sich heute die Frage, wie sie dem Nachwuchs die Lust am Sprachenlernen beibringen können. Als Pädagogin hat Kreyling hierfür mit Miniglotte ein eigenes Start-up gegründet, das Materialien für Eltern und ihre Kids entwickelt.

Das #jungbleiben Magazin hat mit Afi Huguette Kreyling über ihr Start-up Miniglotte und ihr Anliegen gesprochen, Eltern, die ihre Kinder mehrsprachig erziehen möchte zu supporten.

Sie haben mittels Crowdfunding Miniglotte gegründet. Wie war der Weg davor? 

Afi Huguette Kreyling: “Ich bin mit einer Vielzahl an Sprachen aufgewachsen. Als ich mit meiner Familie nach Deutschland gezogen bin, waren einige Fragen, die sich meine Eltern stellten: ‘Sollen wir unsere Muttersprache (Erstsprache) zu Hause weiter sprechen?’, ‘Tun wir unseren Kindern etwas Gutes, indem wir darauf bestehen, unsere Muttersprache am Leben zu erhalten?’ und ‘Wie bleiben wir am Ball?’. Nach der Geburt meiner Kinder stellten sich bei mir ähnliche Fragen, und so wurde der Grundstein für Miniglotte gelegt. Der Weg zur Gründung und dann zur Crowdfunding-Kampagne von Miniglotte war eine spannende und ereignisreiche Reise.”

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Miniglotte-Gründerin Afi Kreyling Huguette Fotos © Miniglotte

Wie sind sie bei Miniglotte an die Sache herangegangen so ein komplexes ‘Produkt’ zu entwickeln?

Afi Huguette Kreyling: “Bevor ich die Crowdfunding-Kampagne startete, verbrachte ich viel Zeit damit, die Bedürfnisse mehrsprachiger Familien zu erforschen und zu verstehen. Ich führte Umfragen und Interviews mit Eltern durch, um Einblicke in ihre Herausforderungen und Wünsche zu gewinnen, wenn es um die Erziehung mehrsprachiger Kinder geht. Diese Vorarbeit ermöglichte es mir, das Konzept von Miniglotte zu gestalten und einen Plan für seine Umsetzung zu entwickeln. Ich baute auch ein Netzwerk von Unterstützern und Befürwortern auf, die an die Mission glauben. Mit Miniglotte möchte ich Eltern, die ihren Kinder ihre Herkunftssprachen vermitteln, mit pädagogischen Inhalten und Empfehlungen, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten sind, empowern, informieren und inspirieren und sie mit anderen Eltern in Kontakt bringt.”

 

Dass Kinder in zwei- oder mehrsprachigen Familien aufwachsen, ist nichts mehr ungewöhnliches. Welche Unterstützung brauchen hier Kinder besonders?

Afi Huguette Kreyling: “Mehrsprachig aufwachsende Kinder sind in der Tat nichts Ungewöhnliches, leider ist Mehrsprachigkeit aber nicht immer akzeptiert. Der weitaus größte Teil aller Schulen und Kindertagesstätten sieht Mehrsprachigkeit eher als Defizit, für den schulischen Unterricht und den Kindertagesstätten fehlen uns noch die richtigen Konzepte, um Mehrsprachigkeit zu fördern. Eine Hürde ist, dass nicht jede Sprache gleich angesehen wird, Sprachen wie Spanisch und Französisch haben oft einen höheren Stellenwert als zum Beispiel Türkisch oder Russisch. Um Kinder zu fördern, sollten Eltern am besten in der Sprache, in der sie sich am wohlsten fühlen, sprechen, um authentisch ihre Werte, Kultur und Gefühle zu vermitteln. Kinder, die in mehrsprachigen Familien aufwachsen, werden jedoch nicht wie ‘von Zauberhand’ mehrsprachig.”

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Miniglotte-Gründerin Afi Huguette Kreyling Foto © Miniglotte

“Miniglotte will Unterstützung bieten, indem wir unter anderem eine kuratierte Sammlung an Ressourcen und Empfehlungen zusammenstellen, die auf die spezifischen Bedürfnisse jeder Familie zugeschnitten sind.” – Afi Huguette Kreyling

Wie ‘lebt’ man in einer Familie, die viele Sprachen spricht und wie geht man damit um? 

Afi Huguette Kreyling: “Es ist wichtig, die Sprache so gut wie möglich im Alltag zu integrieren. Eltern sollten viel in ihrer Sprache mit ihren Kindern sprechen und am besten über verschiedene Themen und in verschiedenen Situationen. Der Zugang zu altersgerechten Ressourcen, die ihre Herkunftssprache:n neben ihrer dominanten Sprache beinhaltet, ist eine optimale Ergänzung. Miniglotte will Unterstützung bieten, indem wir unter anderem eine kuratierte Sammlung an Ressourcen und Empfehlungen zusammenstellen, die auf die spezifischen Bedürfnisse jeder Familie zugeschnitten sind. Kinder profitieren auch sehr von kulturellen Erfahrungen. Dazu könnten Bücher, Musik, Filme, Veranstaltungen oder der Austausch mit weiteren Sprechern gehören, die ihren sprachlichen und kulturellen Hintergrund würdigen.”

“Hilfreich ist eine konsequente und sinnvolle Interaktion in jeder Sprache mit dem Kind, um die Sprachkenntnisse zu entwickeln.” – Afi Huguette Kreyling

Als ausgebildete Logopädin und Pädagogin: Stimmt es, dass Kinder beim Sprachenlernen in ihren ersten Lebensjahren überfordert werden können?

Afi Huguette Kreyling: “Es gibt eine Vielzahl an hartnäckigen Mythen zum Thema Mehrsprachigkeit, wie, dass mehrsprachige Kinder später oder langsamer sprechen oder dass sie jede Sprache nur ‘halb’ können. Dabei können Kinder problemlos mit mehr als einer Sprache aufwachsen. Mehrsprachige Kinder durchlaufen in der Sprachentwicklung die gleichen Meilensteine wie monolinguale Kinder und die Existenz einer sogenannten ‘Halbsprachigkeit’ wurde widerlegt. Mehrsprachige Kinder sind weder im ersten Lebensjahr noch in den darauffolgenden Jahren beim Sprachlernen oder -erwerb überfordert. Unsere Gehirne sind keine Töpfe mit einem gewissen Kontingent, die dann überlaufen, wenn zu viele Sprachen sich darin befinden.

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Fotos © Unsplash / Lavi Perchi, Unsplash / Jason Leung

 

Menschen lernen in den ersten Lebensjahren besonders schnell Sprachen. Gibt es Tipps, wie man das Talent für Sprachen fördern kann?

Afi Huguette-Kreyling: “Vorweg ist zu betonen: Das menschliche Gehirn ist ein Leben lang für neue Sprachen empfänglich, es gibt aber Studien, die nahelegen, dass umso früher der Spracherwerb stattfindet, durch die erstandenen Muster im Gehirn, der spätere Erwerb weiterer Sprachen begünstigt wird. Da Kinder Sprache zu Beginn eher spielerisch als Teil ihres Alltags lernen, kann es von Vorteil sein, früh mit der Vermittlung von mehreren Sprachen zu beginnen. Es gibt es aber kein festes Alter, vor dem ein Kind anfangen muss, eine Sprache zu lernen, um sie fließend zu sprechen.”

Und wie setzt man es dann um, dass Kinder richtig ihre Sprache lernen?

Afi Huguette Kreyling: “Mein Tipp ist einfach los zu legen! Bei der Förderung der Kinder ist von entscheidender Bedeutung, sie mit den verschiedenen Sprachen, die vermittelt werden, regelmäßig in Berührung zu bringen. Dies kann durch das Lesen zweisprachiger Bücher, das Abspielen von Musik und sprechintensive Aktivitäten geschehen. Hilfreich ist eine konsequente und sinnvolle Interaktion in jeder Sprache mit dem Kind, um die Sprachkenntnisse zu entwickeln. Die Schaffung eines sprachenreichen Umfelds zu Hause, in dem die Eltern sich aktiv in den jeweiligen Sprachen mit ihrem Kind beschäftigen, kann die Entwicklung der Sprachkenntnisse erheblich unterstützen und dabei supported auch Miniglotte.”

Sollte man Kommunikationsmuster mit Kinder zu Hause festlegen? D.h. dass ein Elternteil eine Sprache spricht und der andere eine andere Sprache?

Afi Huguette Kreyling: “Es kann für mehrsprachige Kinder vorteilhaft sein, zu Hause Kommunikationsmuster, sogenannte Familiensprachstrategien, zu etablieren. Die Strategie, bei der jeder Elternteil eine bestimmte Sprache spricht, ist sehr beliebt und führt immer wieder zu emotionalen Debatten. Es gibt aber so viele andere Strategien und jede Familie sollte sich eine zu ihrer Lebenssituation passende Strategie auswählen. Eine Strategie zu haben ist aber nicht das Allheilmittel und eine Erfolgsgarantie bei der Vermittlung der Sprachen. Die bewusste Wahl einer Strategie kann aber den Eltern helfen, ihre Sprache wirklich regelmäßig zu sprechen und zum Beispiel nicht immer die Mehrheitssprache. Eine Strategie kann der Herkunftssprache im Alltag bewusst mehr Raum geben, was auch den Umgang und Haltung der Familie zur Sprache ändern kann.”

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Fotos © Unsplash / Fernando Andrade, Unsplash / Paige Cody

Ein ganz anderes Thema: Was würden Sie aus Ihrer Erfahrung Frauen bei der Gründung eines eigenen Start-ups raten?

Afi Huguette Kreyling: “Die Gründung eines eigenen Start-ups bringt viele Herausforderungen und zugleich Freude mit sich. Anderen Frauen würde ich raten, den Glauben an sich und die eigene Vision nicht zu verlieren. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und den Wert der eigenen Idee ist entscheidend, da die Dinge nicht immer so laufen, wie man es möchte. Ein Unterstützungsnetzwerk aufbauen ist sehr hilfreich. Nach Gemeinschaften und Netzwerken, in denen Sie mit anderen Unternehmer:innen in Kontakt treten und von deren Erfahrungen lernen können, hilft besonders durch die schweren Momente. Eine Sache, die man nicht verlieren sollte, ist eine Bereitschaft kontinuierlich zu lernen. Ich versuche, offen für neue Ideen zu sein, nach Feedback zu suchen und Misserfolge als Chance zu betrachten.”

Was möchten Sie da noch hinzufügen?

Afi Huguette Kreyling: “Gründerinnen sollten ihre Einzigartigkeit zelebrieren, sich zu ihrer Identität, ihren Erfahrungen und Perspektiven als Frau bekennen und diese einsetzen.”

 

Titelfoto © Unsplash / Patricia Prudente
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