Queer Museum Vienna: Perspektivenwechsel mit dem “kulturellen Nahversorger”
2022 gestartet, ist das Queer Museum Vienna nun über ein Jahr alt und beginnt sich – ausgehend von seiner ersten Station, im Volkskundemuseum Wien – zu erweitern. Es gilt also flügge zu werden und in verschiedensten Spots mit unterschiedlichen Ausstellungen Präsenz zu zeigen. So wird es mit einer Shift-Förderung der Stadt Wien bald möglich, in einen Gemeindebau zu ziehen und das Profil des Queer Museum Vienna zu erweitern. Die Verantwortlichen nennen es “Tätigkeit als kultureller Nahversorger”, die in den Grätzln rund um und für die Bewohner:innen des Gemeindebaus wirken wollen.
Dass das Queer Museum Vienna alleine schon mit der historischen Verbundenheit der Community zum Monat Juni genug zu tun hätte, beweist die Geschichte. Dass der Juni heute als Pride Month gefeiert wird, hat seine Wurzeln im Jahr 1969. Ausgangspunkt dafür sind die berühmten Stonewall Riots in New York bei der sich erstmals Besucher:innen des queeren Lokals ‘Stonewall Inn‘ gegen polizeiliche Schikanen zur Wehr setzten. Der Rest ist im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte.
Heute ist dieser Erinnerungstag einer, der für die LGBTQIA+ Community jährlich im Juni gefeiert wird, woraus sich dieser auch als Pride Month etablierte. Die Rioters von damals beschränkten sich aber nicht nur auf mehr Toleranz für andersliebende, ihre politische Agenda war auch klar antikapitalistisch und geprägt von der Antikriegsbewegung der damaligen Vietnam-Ära, wie Florian Aschka vom Queer Museum Vienna erzählt. Er verweist auch auf die “vielen trans Personen, Sexarbeiter:innen und People of Color”, die ebenfalls unter ihnen waren.
Als Zeichen, um sich für mehr Diversität und Inklusion einzusetzen, werden seitdem Pride Paraden in vielen Städten rund um den Globus abgehalten. Das Anliegen des Pride Month auch den Rest des Jahres im musealen Rahmen zu zeigen, ist Ziel des Queer Museum Vienna.
Als Museum im klassischen Sinne versteht man sich dabei nicht ganz. Zum einen werden Künstler:innen gezeigt, die in Wien und Österreich “unterrepräsentiert sind”. Ein weiterer Punkt sind Positionen aus Ost- und Südosteuropa, da die dortige Situation für queer lebende Menschen eine ganz andere ist, als hierzulande. Auf deren politische Situation aufmerksam zu machen, ist den Kurator:innen dabei besonders wichtig.
In den meisten Museen werden historische Artefakte gezeigt. Das Queer Museum Vienna ist da anders. Hier werden auch Utopien, wie die Ausstellung “Honeymoon in Hennyland” von Susie Flowers, Raum gegeben.
Dass es wenig geschichtliches bis jetzt zu sehen gab, liege vor allem am Umstand, dass ein fixer Standort sowie “finanzielle und infrastrukturelle Mittel fehlen, um historische Artefakte zu zeigen.” Mit der Ausstellung ‘Historisiert euch!’ wurde im letzten Jahr versucht, diesen “‘Malus’ in etwas kreatives Positives umzuwandeln”, wie Florian Aschka vom Queer Museum Vienna ausführt.
2022 fand u.a. die Ausstellung “How does the body shape under pressure?” statt. Ein Thema, das augenscheinlich nicht nur die queere Community betrifft, sondern die Darstellung von Körpern in unserer Gesellschaft diskutierte und Perspektiven über die kulturellen Bedingungen in der wir leben, aufschlüsselte. Damit bietet das Queer Museum Vienna einen offenen Dialog über die verschiedenen Aspekten der Gesellschaft, die sich für die Verantwortlichen des Museums auch aus dem “Leitsatz aus der feministischen Bewegung ergeben: ‘die Befreiung der Frau ist auch eine Befreiung der Männer.'”
Dies wird allerdings auch auf eine queere Perspektive umgelegt, denn “die Befreiung und Gleichberechtigung queerer Menschen bedeutet auch eine Befreiung cis geschlechtlicher, heterosexueller Menschen vom Joch der Heteronormativität. Eine queere Perspektive kann also für Alle etwas Positives und bereicherndes sein.”
Bis zum 20. August 2023 ist gerade die neu angelaufene Ausstellung HISTORY / HUSTORY zu sehen. Im “Museum der Selbstfürsorge” geht es um Fragen, wie: Wie sammelt und präsentiert man das sich ständig weiterentwickelnde, transgressive, unbequeme und beunruhigende? Wie präsentiert man das Vermisste und das Verlorene? Wer hat die Macht und wer hat das Recht? Wer entscheidet, was legitim ist?